Obermayer German Jewish History Award
Günter Heidt
Konz, Rheinland-Pfalz
Seine erste Begegnung mit einem Juden, der aus Nazi-Deutschland fliehen musste, hinterließ einen tiefen Eindruck bei Günter Heidt. Auf die Geschichte des Emigranten René Kahn stieß der Lehrer und Studiendirektor, als er die jüdische Vergangenheit der Region Saar-Mosel recherchierte. Heidt besorgte sich Kahns Lyoner Adresse, plante seinen nächsten Urlaub in Frankreich und vereinbarte ein Treffen in einem kleinen Café. "Kahn kam herein, nahm mich in die Arme und sagte: ‚Ein Stück Heimat'", erinnert sich Heidt noch immer bewegt. "Momente wie dieser waren die magischen Augenblicke meiner Existenz; wenn Menschen, die soviel durchgemacht hatten, mich so offen willkommen hießen."
Seitdem hat Günter Heidt viele Kontakte zu Juden aus der Region und ihren Nachkommen hergestellt, die heute in Frankreich, Israel, den USA, Brasilien oder Luxemburg wohnen. Er hat sie interviewt und zu Besuchen eingeladen. Er hat nicht nur selbst seit einem Vierteljahrhundert mit seinen Forschungen, Veröffentlichungen und Führungen die jüdische Geschichte der Region vor dem Vergessen bewahrt. Als Lehrer hat er auch seine Schüler mit jüdischem Leben in Gegenwart und Vergangenheit vertraut gemacht. "Anfangs trieb mich mein Forscherdrang an und der Wunsch, dass die Vergangenheit nicht verdrängt wird", erklärt Heidt. "Je mehr jüdische Menschen ich getroffen und je mehr Geschichten ich gehört hatte, desto mehr wurde es eine Herzensangelegenheit."
Weder von seinen Eltern, noch in der Schule oder an der Universität hatte Heidt etwas über die Nazizeit und den Holocaust erfahren. Als Lehrer am Gymnasium in Saarburg nahe Trier nutzte er die erste Gelegenheit zum Forschen. Im Jahr 1980 wurde der Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten mit dem Thema "Alltag im Nationalsozialismus" ausgeschrieben. Heidt nahm mit seinen Schülern teil. Unter seiner Anleitung führten sie Zeitzeugen-Interviews in ihren Heimatdörfern, um die Verfolgung der Juden im Kreis Saarburg und das Schicksal einzelner Familien zu rekonstruieren.
Seitdem hat Heidt viele Schüler betreut, die in der von ihm ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft Geschichte viele Facetten der deutsch-jüdischen Vergangenheit erkundeten. Dank Heidts Initiative entstanden nicht nur Publikationen und Ausstellungen, sondern auch ein Denkmal für die jüdische Bevölkerung des kleinen Dorfes Freudenberg. Mehrmals erhielten seine Schüler Auszeichnungen für ihre Beiträge zum Wettbewerb Deutsche Geschichte. Auch Heidt selbst wurde vom Bundespräsidenten für sein Engagement als Tutor geehrt.
"Am meisten hat mich an Günter Heidt seine Begeisterung beeindruckt. Damit hat er es geschafft, uns die Dinge nahe zu bringen", sagt seine frühere Schülerin Susanne Zehren, die in der AG Geschichte mitarbeitete. Sie beschreibt Heidt als den Lehrer, den sich Schüler wünschen - der Süßigkeiten an sie verteilte, wenn Klassenarbeiten geschrieben werden mussten, der sie in seiner Freizeit zum Essen einlud und der sich auch dafür interessierte, wie es ihnen außerhalb des Klassenraumes geht. Einige Schüler begeisterte Heidt so sehr, dass sie ihre Arbeit nach der Schulzeit fortsetzten. Seine Forschungen zusammen mit dem ehemaligen Schüler Dirk S. Lennartz mündeten in sechs Veröffentlichungen. Ihr Hauptwerk "Fast vergessene Zeugen" beschreibt die Geschichte der Juden in der Region Saar-Mosel von 1341 bis 1943.
Neben der jüdischen Vergangenheit bringt Heidt seinen Schülern auch die Gegenwart nahe. An seinem Gymnasium betreibt er eine AG Israel. Mit selbst eingeworbenen Sponsorengeldern hat er außerdem ein Austauschprogramm mit einer christlich-arabischen Schule im israelischen Nazareth aufgebaut. In diesem Jahr soll eine jüdische Schule in Jerusalem dazukommen. Sein Ziel beschreibt er so: "Lass dich nicht von Ideologien vereinnahmen, die dich im anderen nur den Feind und nicht den Menschen sehen lassen wollen; lebe, was du bist und mach dir eigene Gedanken. Das den Schülern mitzugeben, ist der Sinn jedes Unterrichtens für mich."
Nicht nur seine Schüler schätzen ihn. "In der Jüdischen Gemeinde von Trier ist er sehr geachtet", sagt deren früherer Vorstand Gerd Voremberg. Seit den Neunzigern, als die Gemeinde durch den Zuzug jüdischer Einwanderer stark anwuchs, hat sich Heidt mit vielen Mitgliedern angefreundet. Er besuchte selbst regelmäßig Gottesdienst und Feste und nahm auch seine Schüler zu Besuchen mit. Er nutzte seine Kontakte, um Gemeindemitglieder an seine Schule einzuladen. Er ermunterte andere Schulen, Kirchengemeinden, Chöre und viele Vereine, Führungen und Gottesdienste zu besuchen und half so ein Netz von Beziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden zu knüpfen. Heute sei das ein Selbstläufer, sagt er.
Drei Jahre bleiben Günter Heidt noch bis zur Pensionierung. Dann sollen andere Lehrer seine Arbeitsgemeinschaften und die Austauschprogramme übernehmen. "Ich bereite mich darauf vor, den Staffelstab weiterzugeben", sagt er. "Ich möchte, dass die Arbeit fortgesetzt wird."
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