Obermayer German Jewish History Award

Michael Heitz

Eppingen/Kraichgau, Baden Württemberg

Als Michael Heitz 15 Jahre alt war, klopfte er an die Türen der Nachbarn in seiner Heimatstadt Eppingen und fragte die Menschen nach ihren Erinnerungen an die ehemaligen jüdischen Nachbarn. "Meist blieben die Türen geschlossen", erinnert sich Heitz.

Im Rahmen eines nationalen Geschichtswettbewerbs der Körber-Stiftung beschäftigte sich Heitz als Schüler mit den Geschehnissen in seiner Gemeinde während der Zeit des Nationalsozialismus. Doch als er die älteren Nachbarn zu ihren Erinnerungen an die Juden befragen wollte, weigerten sich viele mit ihm zu reden. Überraschend entpuppte sich schließlich seine Großmutter als beste Quelle und Inspiration, denn "es stellte sich heraus, dass sie in den 1920er Jahren für eine jüdische Familie gearbeitet hatte. Bis dahin hatte sie nie mit mir darüber gesprochen. Sie sagte: ,Michael, wir haben so ein großes Unrecht begangen. Und ich bin jetzt bereit mit Dir darüber zu reden. Wir haben Menschen fortgejagt, die hier lebten.'" Heitz wurde für dieses Projekt mit einem Preis ausgezeichnet. 

Später studierte Heitz Pädagogik und Jüdische Studien in Heidelberg und schrieb seine Diplomarbeit zum Thema "Jüdisches Leben im Kraichgau am Beispiel der ehemals kurpfälzischen Stadt Eppingen im 19. und 20. Jahrhundert - Mit Unterrichtsbeispielen".

Doch das war nur der Beginn. In den 30 Jahren seit seinen Anfängen hat Heitz dazu beigetragen, die jüdische Lokalgeschichte zu dokumentieren und zu bewahren. Er hat Kontakte zu ehemaligen jüdischen Mitbürgern hergestellt und die Weichen für eine ganz neue Generation von Schülern gestellt, um in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit etwas Positives zu schaffen. Heitz hat zahlreiche Artikel zur jüdischen Lokalgeschichte und zu jüdischen Persönlichkeiten aus Eppingen und dem Kraichgau geschrieben und seinen Schülern dabei geholfen, eine Website, ein Buch und einen Kalender zu diesem Teil der Geschichte zu erstellen.

Heitz ist Gründungsvorsitzender des Vereins "Jüdisches Leben Kraichgau e.V.", der über den Jüdischen Nationalfonds das Projekt "Kraichgau-Wald" in Israel ins Leben gerufen hat. Derzeit arbeitet er mit dem Verein an der Einrichtung eines Lernortes über das ehemalige jüdische Leben und jüdische Kulturerbe des Kraichgaus in der ehemaligen Eppinger Synagoge.

Heitz hat auch Forschungsarbeiten für Yad Vashem, Israels Holocaust-Gedenkstätte, durchgeführt und ist Mitglied des Vorstandes der religionsübergreifenden Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar/Mannheim. 

"Er stellt die Verbindung zu unserer Verantwortung für die deutsche Geschichte her […], lässt es dabei aber nicht bewenden: Er sagt, dass wir auch eine Verantwortung gegenüber den Juden von heute haben", erzählt der pensionierte Pfarrer und Schuldekan Albrecht Lohrbächer, der 1983 eine Partnerschaft und ein Austauschprogramm zwischen Weinheim und der israelischen Stadt Ramat Gan ins Leben rief. "Heute bereitet Eppingen eine Partnerschaft mit [der Stadt] Zichron Yaakov vor", so Lohrbächer, 67. "Ich fände es gut, wenn sich mehr Menschen wie Herr Heitz für eine andere Wahrnehmung Israels einsetzen würden."

Im Laufe der Jahre hat Heitz, der heute als Lehrer an der Albert-Schweitzer-Schule in Sinsheim tätig ist, die Geschichte der Eppinger Juden Stück für Stück zusammengetragen und enge Kontakte zu mehreren jüdischen Familien in den USA und Israel geknüpft, deren Wurzeln in Eppingen liegen. "Wir haben telefoniert und Briefe ausgetauscht, und mit diesen Informationen ging ich dann in die Schule und in den Unterricht."

Daraufhin schufen Heitz und seine Schüler ihre Website und das preisgekrönte Buch, das 2006 herauskam. "Und aufgrund der Arbeit dieser Schüler lud die Stadt Eppingen im Jahr 2002 schließlich die Überlebenden ein", erzählt Heitz. "Es war wie ein Schneeballeffekt." Heitz gab den jüdischen Besuchern die Informationen weiter, die er über ihre Vorfahren gesammelt hatte. Er führte mit Juden und Nichtjuden aus der Stadt Interviews, die auf Video aufgezeichnet wurden, und erreichte die Umbenennung der örtlichen Realschule nach einer ehemaligen jüdischen Mitbürgerin, Selma Rosenfeld (1892-1984), die nach Kalifornien emigriert war. Seine Dokumentationsarbeit "wird ein bleibendes Vermächtnis sein, nicht nur für unsere Generation, sondern auch für zukünftige Generationen", schreibt Kate W. Katz aus Pennsylvania, USA, in ihrer Empfehlung für Heitz.

"Man kann sagen, dass Michael Heitz Gewissen und Aktivist der Stadt Eppingen ist", so Frank aus Kalifornien, der sich nicht zuletzt dank Heitz schließlich überwinden konnte über die Vergangenheit zu sprechen. "In allen [seinen] Aktivitäten hält Heitz sich stets bescheiden im Hintergrund und überlässt Öffentlichkeit und Anerkennung den Jugendlichen, die er so kompetent anleitet."

"Mein Ziel ist es dafür zu sorgen, dass das, was hier passiert ist, nicht in Vergessenheit gerät", so Heitz, der jedes Jahr eine Studienfahrt zum ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück organisiert. "Unser Schwerpunkt liegt jedoch auch darauf, gute Beziehungen zur zweiten und dritten Generation aufzubauen und uns für eine positive Einstellung zum Judentum und eine konstruktive Haltung zu Israel einzusetzen."

Es begann alles vor 30 Jahren, als der 15-jährige Michael Heitz mit seiner Großmutter ins Gespräch kam, nachdem andere Türen verschlossen geblieben waren. Sie öffnete ihm die Augen! "Es war wie ein Wunder … [wie] alles zur Sprache kam", erinnert er sich.

Und seit dieser Zeit engagiert Heitz sich dafür "auch anderen Menschen die Augen zu öffnen."

 
 

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