Widen the Circle Winterforum 2025:
“25 Jahre Obermayer Awards: Erinnerungsarbeit gestern, heute und morgen”
8. und 9. Februar 2025 auf der Online-Plattform Zoom
Vor rund 25 Jahren wurden auf Initiative von Arthur S. Obermayer und Judith H. Obermayer erstmals die Obermayer Awards vergeben. Die Auszeichnungen gingen an Menschen, die sich in ihren Gemeinden ehrenamtlich dafür einsetzten, dass die jüdischen Gemeinschaften und ihre Geschichte nicht in Vergessenheit geraten – einfach, weil sie dachten: „Das ist das Richtige, was man tun sollte.“
Ursprünglich war unklar, wie lange die Awards verliehen werden sollten. Judith H. Obermayer betonte, sie sollten so lange vergeben werden, wie es würdige Preisträger*innen gäbe. Glücklicherweise werden die Obermayer Awards auch 2025 wieder an mehrere verdiente Personen verliehen und mittlerweile hat sich der Kreis der Preisträger*innen erweitert: Neben Menschen, die sich für das lokale Gedenken an die jüdische Geschichte einsetzen, werden auch Personen und Organisationen ausgezeichnet, die sich in der historisch-politischen Bildungsarbeit engagieren, gegen Rechtsradikalismus kämpfen und demokratische Werte fördern. Darüber hinaus lässt sich innerhalb der Gedenkarbeit ein Schift vom Ehrenamt zur Profession beobachten. Diese Entwicklung der Awards spiegelt in gewisser Weise die Entwicklung der Gedenkarbeit in Deutschland wider.
Im Rahmen unseres Winterforums möchten wir gemeinsam diese Entwicklung nachzeichnen und reflektieren. Davon ausgehend wollen wir einen Blick auf die gegenwärtige und zukünftige Situation der deutschen Erinnerungsarbeit werfen.
In diesem Jahr freuen wir uns ganz besonders, wieder gemeinsam mit Kantorin Esther Hirsch und ihrer Gemeinde Sukkat Schalom den Schabbat in einer Hawdala-Zeremonie zu verabschieden und so unser Winterforum 2025 zu starten. Im Anschluss daran werden wir mit der Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, und Joel Obermayer, Gründer von Widen the Circle, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der US-amerikanischen und deutschen Gedenkarbeit beleuchten.
Am Sonntag stehen zwei spannende Workshops zu den Themen „Digitale Geschichtsvermittlung“ und „Biographische Erinnerungskultur an“ an. Wir freuen uns außerdem über spannende Einblicke in die Arbeit unserer Netzwerkmitglieder und auf das Kennenlernen der Obermayer-Preisträger*innen von 2025.
Wir freuen uns sehr auf diskussions- und lehrreiche Tage mit Ihnen. Selbstverständlich können Sie auch nur an einzelnen Veranstaltungen teilnehmen.
Das Winterforum findet wie in den vergangenen Jahren digital auf der Onlineplattform Zoom statt. Den Link dazu erhalten Sie nach der erfolgreichen Registrierung.
Programm
8. Februar (Samstag)
17.30 Uhr: Begrüßung
18.00 Uhr - 18.30 Uhr: Hawdala mit Kantorin Esther Hirsch und der Gemeinde Sukkat Schalom
18.30 Uhr - 18.45 Uhr: Pause
18.45 Uhr - 20.15 Uhr: Podiumsdiskussion mit Joel Obermayer und Anetta Kahane “25 Jahre Obermayer Awards: Erinnerungsarbeit gestern, heute und morgen”
9. Februar (Sonntag)
10.00 - 10.45 Uhr: Begrüßung und Gegenseitiges Kennenlernen
11.00 - 13.00 Uhr: Workshops
Digitale Geschichtsvermittelung (Lea Fink von der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück)
Biographische Erinnerungskultur (Dr. Inka Engel von der Universität Konstanz)
13.00 - 14.00 Uhr: Mittagspause
14.00 - 15.00 Uhr: Einblicke in das “Widen the Circle”-Netzwerk
15.00 - 15.30 Uhr: Kaffeepause
15.30 - 16.30 Uhr: Kennenlernen der Obermayer-Preisträger*innen von 2025
16.30 - 17.00 Uhr: Gemeinsamer Abschieds-Toast
Workshops
Biographische Erinnerungskultur mit Dr. Inka Engel (Universität Konstanz)
Das Projekt BEFEM #weitergedenken untersucht bürgerwissenschaftlich die Erinnerungskultur in rheinland-pfälzischen Familien – sowohl von Einheimischen als auch von Migrant:innen – und deren historische Verbindung zur NS-Zeit. Im Workshop präsentiert Dr. Inka Engel die Ergebnisse des Projekts sowie den neu entwickelten Leitfaden zur Erforschung biografischer Erinnerungskultur. In interaktiven Übungen erarbeiten die Teilnehmer:innen praxisorientierte Ansätze und diskutieren, wie eine inklusive und empathische Erinnerungskultur zukunftsweisend gestaltet werden kann. Der Workshop verbindet wissenschaftliche Erkenntnisse mit methodischem Handwerkszeug und lädt dazu ein, eigene Perspektiven in den Austausch einzubringen.
Digitale Geschichtsvermittlung mit Lea Fink (Gedenk- und Mahnstätte Ravensbrück)
Das digitale Projekt Straßenverlauf beschäftigt sich auf Social Media mit Stadtgeschichte[n] an alltäglichen Orten hauptsächlich in Berlin und versucht, die Spuren von historischen Prozessen, Ereignissen und Strukturen sicht- und lesbar zu machen. Mit kleinen Erinnerungsfragmenten erfasst Straßenverlauf Stadtbilder und Architektur als Formen der Geschichtsschreibung. In Montagen von Bildern, Biografien, Kunstwerken und Literatur sollen historische Augenblicke dem Vergessen entrissen und zugänglich gemacht werden.
In Zusammenarbeit mit dem FHXB Museum Kreuzberg-Friedrichshain ist im Zuge der (auch digitalen) Ausstellung Aus der Zeit - Eine Kreuzberger Postkartensammlung 1890-1945 eine Station zur kommunistischen Widerstandskämpferin Lisa Fittko (geb. Ekstein) entstanden. Das Wirken Fittkos in Kreuzberg 1933 wird im Workshop modellhaft vorgestellt, untersucht und durch die Teilnehmer:innen in Kleingruppen bearbeitet. Der Workshop wird zivilgesellschaftliche, wissenschaftliche und museums-/gedenkstättenpädagogische Formen der digitalen Wissensvermittlung vorstellen. Anhand konkreter Daten, Fotografien, Bilder und Zitate können die Teilnehmer:innen in praxisorientierten Übungen eigene Formen des Storytellings entwickeln, die im Anschluss gemeinsam diskutiert werden.
Referent*innen
Anetta Kahane
Anetta Kahane gründete 1998 die Amadeu Antonio Stiftung und war bis 2022 ihre Vorsitzende. Bereits lange vor der breiten öffentlichen Anerkennung von Rechtsextremismus als Gefahr setzte sie sich aktiv gegen Demokratiefeindlichkeit ein und baute Netzwerke auf, um Menschenrechte zu schützen. Ihre Arbeit ist tief in ihrer Biografie verwurzelt: Als Tochter jüdischer Kommunisten prägten sie Erfahrungen von NS-Verfolgung, Antisemitismus und Rassismus in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland.Neben ihrer Tätigkeit als erste Ausländerbeauftragte Ost-Berlins gründete sie 1991 die RAA e.V. für die neuen Bundesländer. Für ihr Engagement erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Theodor-Heuss-Medaille und den Moses-Mendelssohn-Preis. Seit 2022 widmet sie sich verstärkt ihrer Arbeit als Autorin und Publizistin.
Joel Obermayer
Joel Obermayer ist Gründer und Geschäftsführer von Widen the Circle sowie Mitglied des Direktoriums der Obermayer-Stiftung. Er ist der Sohn von Arthur S. und Judith Obermayer, die die Obermayer Awards und die Obermayer-Stiftung ins Leben riefen. Joel setzt sich dafür ein, dass lokal verankerte Geschichtsprojekte in Gemeinden helfen, Meinungen zu verändern, indem sie an marginalisierte oder vom Unrecht betroffene Menschen erinnern. Diese Projekte tragen zur Aussöhnung mit der Vergangenheit bei und bekämpfen Intoleranz und Diskriminierung. Widen the Circle wurde 2019 gegründet, um Aktive im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus zu stärken und zu vernetzen. Zuvor arbeitete Joel im Journalismus und Bildungssektor und war als Consultant für soziale Innovationen sowie als Projektleiter tätig. Er hat einen Masterabschluss in Technology Innovation in Education von der Harvard University und in Journalismus von der Medill School of Journalism der Northwestern University.
Inka Engel
Dr. Inka Engel ist Referentin für Transfer und Wissenschaftskommunikation an der Universität Koblenz sowie Dozentin für Holocaust Communication, Erwachsenenbildung und Hochschuldidaktik. Sie absolvierte den Masterstudiengang Holocaust Communication and Tolerance an der Touro University Berlin. In ihrer Abschlussarbeit widmete sie sich dem Schicksal von Shoah-Überlebenden aus der Ukraine, die 2022 nach dem erneuten Erleben eines Krieges in das ehemalige Täterland Deutschland geflohen sind. Als Projektleiterin von BEFEM #weitergedenken setzt sie sich intensiv für innovative Gedenkarbeit ein. Sie wirkte außerdem an Ausstellungen wie „Treblinka gedenken in Berlin“ im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf sowie an einer Intervention zur Dauerausstellung „Die Luftwaffe im Dritten Reich“ im Militärhistorischen Museum Gatow mit. Aktuell erforscht sie im Rahmen von Zeitzeugeninterviews für ein Projekt der Touro University die Wirkung der Wiedergutmachung als deutsch-jüdische Erfahrungsgeschichte auf individueller Ebene.
Lea Fink
Lea Fink arbeitet als Bildungsreferentin bei der Gedenk- und Mahnstätte Ravensbrück, promoviert in Philosophie und ist zertifizierte Stadtführerin in Berlin. Sie bietet Stadtspaziergänge zu vielfältigen Themen an, darunter Literatur, Philosophie und Alltagsgeschichte. Zudem arbeitete sie mit dem amerikanischen Künstler Dan Wolf für das Projekt Sound of the Silence: Raise Your Voice zusammen. Auf ihrem X-Account Straßenverlauf, dem über 5000 Menschen folgen, erfasst sie mit kleinen Erinnerungsfragmenten Stadtbilder und Architektur als Formen der Geschichtsschreibung. In Montagen aus Bildern, Biografien, Kunstwerken und Literatur gelingt es ihr, historische Augenblicke dem Vergessen zu entreißen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.